Frühjahrsversammlung des Historischen Vereins für den Niederrhein in Remagen am 24. Mai 2003

Die große Besonderheit dieser Versammlung lag in der Bipolarität der Themeninhalte. Die zwei Vorträge konnten nach Inhalt und Darbietungsform unterschiedlicher kaum sein, waren aber beide vom genius loci des Tagungsortes Remagen inspiriert. Der endgültigen Planung dieser Frühjahrsversammlung, deren erster Teil in der Remagener Rheinhalle abgehalten wurde, waren lebhafte Diskussionen im Vereinsvorstand vorausgegangen, eine Tatsache, die auch vom Vorsitzenden Dr. Peters in der Begrüßung angesprochen wurde.

Die Geschichte des (mindestens) zweitausendjährigen Remagen ist in dreifacher Hinsicht ausgezeichnet und von einer Bedeutung, die auch im geschichtsträchtigen Rheinland ganz außerordentlich ist. Das spätrömische Remagen war einer der letzten funktionsfähigen Stützpunkte des Imperiums am Rhein und in Verbindung damit auch noch in beginnender fränkischer Zeit ein Zentrum früher und intensiver Christianisierung. Im Mittelalter entstand auf dem damaligen Martinsberg ein Apollinarisheiligtum, das seit dem 19. Jahrhundert mit einem Franziskanerkonvent verbunden war und über viele Jahrhunderte bis zur Gegenwart eines der großen Wallfahrtsziele des Rheinlandes wurde. Drittens war in der Schlussphase des Zweiten Weltkrieges die Brücke von Remagen von legendär gewordener strategischer Bedeutung. Der Historische Verein entschied sich, bei seiner Frühjahrsversammlung sowohl den Wallfahrtsort in kunsthistorischer Sicht wie die Ereignisse am Ende des Weltkrieges mit ihrem Mahncharakter für die Gegenwart zum Thema zu machen.

Die Tageordnung begann mit Nachwahlen zum Vereinsvorstand. Diese waren notwendig geworden, weil HerrArchivdirektor a. D. Dr. Herbert Lepper und Herr Univ.-Prof. em. Dr. Heiner Faulenbach, die sich bereits beruflich im Ruhestand befanden, vor Ablauf ihrer Amtszeit ausschieden. Als Nachfolgerin bzw. Nachfolger wurden Frau Dr. Sigrid Lekebusch, Vorsitzende der Sektion Wuppertal des Bergischen Geschichtsvereins, und Herr Archivdirektor Dr. Thomas Kraus, der Amtsnachfolger von Herrn Dr. Lepper im Stadtarchiv Aachen, gewählt.

Der erste Vortrag wurde von Herrn Andreas Kurz M. A. (Marburg) gehalten und hatte das Thema „Die Wehrmacht in der Schlussphase des Zweiten Weltkrieges“ zum Inhalt. Der Vortrag bewegte sich auf hohem militärhistorischem Niveau, war hervorragend aufgebaut, wurde aber von der Mehrheit der Tagungsteilnehmer wegen seines Spezialisierungsgrades nur recht mühsam rezipiert. An den Vortrag schloß sich ein Spaziergang zur Ruine der Brücke von Remagen an.

Nach dem Mittagessen (Buffet in der Rheinhalle) begaben sich die Teilnehmer zur Apollinariskirche, wo sie vom Pater Guardian des Franziskanerkonventes, Herrn Oberstudiendirektor a. D. Lothar Weber OFM, begrüßt wurden. Dann begann im Innern der Wallfahrtskirche der Vortrag von Prof. Dr. Arnold Wolff, dem im Ruhestand befindlichen früheren Kölner Dombaumeister. Professor Wolff erläuterte die Architektur dieses vom Kölner Dombaumeister Ernst Zwirner in den Jahren von 1839 bis 1843 errichteten Kleinods neugotischer Baukunst. Die kunsthistorische Einordnung vermittelte Wolff anhand von Lichtbildern bekannter Vergleichsbauten. (Die technischen Möglichkeiten zur Diavorführung in der Kirche waren vom Franziskanerkonvent geschaffen worden) Am Ende seines großartigen Vortrages erläuterte Professor Wolff auch die Gemälde der Ausmalung der St.-Apollinaris-Kirche im Nazarenerstil.

Den Abschluß dieser leider nur von etwa 50 Teilnehmern besuchten Frühjahrsversammlung bildete die gemeinsame Kaffeetafel im Hotel Pinger am Remagener Bahnhof. Es ist denkbar, dass zwischen der geringen Teilnehmerzahl dieser inhaltlich so interessanten Versammlung und der Tatsache, dass erstmalig ein fester Tagungsbeitrag erhoben wurde, anstatt wie sonst Mittagessen und Kaffeetafel individuell abzurechnen, ein Zusammenhang bestand.

 

Heinz Finger

Köln

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